Natur
Immer wieder bin ich von der Natur auf meinen Wanderungen begeistert - manchmal auch erschrocken. Hier zeige ich Dir, was mich bewegt.
Ein ganz seltenes Gestein: Suevit
48° 58' 15'' N / 10° 37' 45' O
Im Nördlinger Ries zwischen Bayern und Baden-Württemberg findet sich ein ganz seltenes Gestein, das nur beim Einschlag eines Meteoriten oder Asteroiden auf der Erde entsteht: Suevit (Schwabenstein, von lat. Suevia = Schwaben). Beim Ries-Ereignis vor 14,5 Millionen Jahren wurden große Mengen dieses Gesteins produziert. Drücke von mehreren Millionen bar und Temperaturen von mehreren zehntausend Grad waren notwendig, um kristalline Gesteine aufzuschmelzen und in Suevit umzuwandeln.
Heute wird Suevit in Steinbrüchen der Region abgebaut, wie hier im noch aktiven Steinbruch Aumühle, der zu Bayerns 100 schönsten Geotopen zählt. Zermahlener Suevit zeigt eine hohe Elastizität und große Stabilität gegenüber Feuchtigkeit. Er wird speziellen Zementsorten beigemischt.
Weil er sich leicht bearbeiten lässt, war er früher auch ein beliebtes Baumaterial. Die Nördlinger Stadtkirche ist teilweise aus Suevit gebaut worden.Das Foto aus dem Steinbruch Aumühle zeigt eine Ablagerung von Suevit über Bunter Breccie - das sind Gesteinstrümmer, die bei dem Asteroideneinschlag weiträumig herausgeschleudert wurden. Das gebankte Aussehen der Suevit-Schicht resultiert daraus, dass es in der einst 600 Grad heißen Gesteinsmasse Aufarbeitungsprozesse gab. Dabei entstanden deutlich sichtbare Entgasungsröhren. Diese länglichen Hohlräume werden seit jeher von Pflanzen genutzt, um sich mit ihren Wurzeln im Untergrund zu verankern.
Buntsandstein bei Roth in der Vulkaneifel
50° 14' 21'' N / 06° 38' 31' O
Das aride, wüstenhafte Klima des Trias hat vor rund 250 Millionen Jahren Buntsandstein in der Eifel entstehen lassen. Nachdem im Perm das einstmals aufragende, bis in alpine Höhen von über 3000 Metern wieder fast ganz abgetragen war, legten sich Sande über die Stümpfe des ehemaligen Hochgebirges. Mit dem Bindemittel Eisen wurde daraus rötlicher Sandstein, die in nur wenigen Aufschlüssen in der Eifel zu sehen sind.
Ein besonders schönes Exemplar befindet sich oberhalb der Straße von Roth nach Gerolstein am Berghang "Auf dem Sandborn": Der kurze Wanderweg "Heimatpfad" dort macht Erdgeschichte erlebbar. Die Buntsandsteinschichten, die am Rande eines Flusses entstanden, verlaufen wie auch andernorts in der Eifel weitgehend horizontal - ein Zeichen, dass seit gut 200 Millionen Jahren keine Faltungsprozesse mehr stattgefunden haben.
Tote Wälder im Harz
Wer im Sommer 2021 im Harz wandert, dem bietet sich ein entsetzliches Bild: Die einstmals dichten Fichtenwälder dieses Mittelgebirges sind zu einem großen Teil abgestorben. Von manchen Stellen aus sieht man bis zum Horizont nur kahle Stämme in den Himmel ragen. Grau beherrscht die Landschaft, die einst dunkelgrün war. Der Anblick macht fassungslos und verlangt dem Naturliebhaber einiges ab. Es ist, als bewegte man sich auf einem anderen Planeten; eine wahr gewordene Dystopie ist dieser Harz, den die Menschen so ganz anderes in Erinnerung haben.
Der Harz gehört zu den vom Klimawandel am bedrohtesten Wäldern in Deutschland. Der Borkenkäfer hat hier auf unvorstellbar großen Flächen den Wald vernichtet. Waldbauern und Gemeinden fordern ein schnelles Handeln, doch der Nationalpark Harz lehnt das ab. Der Grund: zwischem den riesigen Flächen toten Holzes bildet sich der Wald der Zukunft. Zwischen den abgestorbenen Fichten wachsen junge Ahorne, Birken und Ebereschen, auch der ein oder andere Fichtebn-Sprössling ist dabei. Ein gut durchmischter Wald kann dem Klimawandel trotzen. Bis es soweit ist, dauert es Jahrzehnte.
Ein ungewöhnliches Wanderrevier: das Wattenmeer
52° 58' 55'' N / 04° 45' 39' O bis 55° 29' 11'' N / 08° 17' 12'' O
Das Watt ist eines der ungewöhnlichsten Wanderreviere. Zweimal am Tag wird es überflutet. Der Abstand zwischen Ebbe und Flut beträgt durchschnittlich sechs Stunden und zwölf Minuten, daher verschieben sich die Gezeiten von Tag zu Tag. Das Watt ist ein ganz eigener, geologisch gesehen mit 7500 Jahren extrem junger Lebensraum – und einer der biologisch produktivsten. Vor der deutschen Nordseeküste liegt das größte Wattenmeer der Erde. Dieses anerkannte Unesco-Weltnaturerbe zieht sich sogar noch über die deutschen Grenzen hinaus: im Westen bis nach Den Helder (Niederlande) und im Norden bis nach Skallingen (Dänemark).
Im Watt zu wandern ist ein Erlebnis! Es geht in Gummistiefeln oder in sockenähnlichen Beachies mit Silikonsohle, im Sommer aber am besten barfuß. Keine Sorge: der Schlick, die Pfützen und kleinen Wasserläufe sind meist wärmer als man denkt. Allein die unterschiedliche Konsistenz des Bodens unter den Füßen zu spüren, regt die Sinne an – es geht von total matschig bis betonhart. Die Luft schmeckt salzig, es riecht nach Tang. Der Blick des Wattwanderers geht buchstäblich ins Unendliche und gibt eineinem ein ins Mark gehendes Gefühl von Weltverlorenheit und Freiheit wie sonst nirgendwo.
Riesengebirge im Viktoriapark Berlin-Kreuzberg
52° 29' 20'' N / 13° 22' 51'' O
Im Viktoriapark in Berlin-Kreuzberg befindet sich die höchste innerstädtische Erhebung Berlins. Der Kreuzberg mit seinen 66 Metern NHN hat dem umliegenden Bezirk seinen Namen gegeben. Auf der Spitze thront das Nationaldenkmal des Architekten Karl Friedrich Schinkel, das an die Befreiungskriege gegen Napoleon erinnert. Das einzig Natürliche in dem Park ist die Endmoräne aus der letzten Eiszeit, die die Erhebung bildet. Alles andere ist menschengemacht - das aber ziemlich gut. Der künstliche Wasserfall vom Denkmal hinunter fast bis an die Großbeerenstraße ist täuschend echt dem Zackelfall im Riesengebirge nachempfunden. Der über zahllose große und kleine Steine rauschende Bach bildet einen erfrischenden Kontrapunkt zur dichten innerstädtischen Bebauung und dem Verkehr der Nachbarschaft. Nicht umsonst gilt der Viktoriapark als eine der beliebtesten Grünanlagen in Berlin.
Der Park geht auf den kunstsinnigen Kaiser Friedrich III. zurück, der nur wenige Monate im Jahr 1888 regierte und an Kehlkopfkrebs starb. Er war mit Viktoria verheiratet, deren Mutter die englische Königin Victoria war. Daher der Name des Parks. 70 Jahre lang stand das Nationaldenkmal auf dem Tempelhofer Berg, wie die Endmoräne ursprünglich hieß, in sandiger und trostloser Umgebung. Auf der rückwärtigen Seite wurde Wein angebaut, eine Brauerei machte sich breit.
Der preußische Staat kaufte das Gelände und übergab es der Stadt Berlin, damit diese es würdig gestalten sollte. Gartenbaudirektor Hermann Mächtig (1837-1909) wollte erst einen geradlinigen kaskadenartigen Wassersturz am Berg anlegen, was von den Stadtvätern abgelehnt wurde. Erst die vorbildliche Landschaft des Riesengebirges überzeugte die Verantwortlichen - und bis heute die Besucher.